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Warum ich das iPhone 12 mini (noch) nicht kaufe


02.04.21 22:29

– oder warum ich im Jahr 2021 immer noch mit einem iPhone SE von 2016 herumlaufe –

Apple Wallet und klassischer Leder-Geldbeutel

Es gibt Menschen, die schleppen unentwegt einen riesigen Haufen Ballast mit sich herum und es scheint ihnen nichts auszumachen. Zu diesen Menschen gehöre ich nicht. Ich kann mich gern frei und unbelastet bewegen, am liebsten auf dem Rad. Daher besitze ich einen möglichst flachen Geldbeutel, einen möglichst kleinen Schlüsselbund nur mit den nötigsten Schlüsseln – und ein möglichst kompaktes Smartphone.

Ich meine, es war Steve Jobs, der zu einer Zeit, da ich noch treuer Nokia-Kunde war, über die Konkurrenz herzog, deren Smartphones langsam immer größer wurden und irgendwann nicht mehr mit einer Hand zu bedienen waren. Doch Steve Jobs war kaum drei Jahre tot und ich hatte mich gerade (nach einem unglücklichen Zwischenstopp im Sony-Xperia-Compact-Lager) aus der untergehenden Symbian-Welt in die Welt des wunderbar handlichen iPhone 5s hinübergerettet, als plötzlich auch bei Apple die Geräte begannen, immer größer zu werden. Mit einem wenig Abhilfe versprechenden Ein-Hand-Modus versuchte man diejenigen zu besänftigen, die sich noch an die weisen Worte des Altmeisters erinnerten. Und verkannte dabei, dass ein großes Smartphone nicht nur während der Benutzung zu Problemen führen kann, sondern insbesondere auch bei der Nicht-Benutzung.

Im Jahr 2016 – das gut zwei Jahre alte iPhone 5s lief noch ganz ordentlich, war aber nicht mehr richtig up to date – schusterte Apple uns noch einmal aus unendlicher Güte sowie aus gebrauchten Teilen von iPhone 5, 5s und 6s das iPhone SE der ersten Generation zusammen: Ein sehr willkommenes Update, mit dem immerhin Kamera und Chipsatz auf den aktuellen Stand gebracht wurden, allerdings mit dem schalen Beigeschmack, dass das Gerät in einigen nicht ganz unwichtigen Punkten wie Display, TouchID-Sensor oder Vibrationsmotor inzwischen veraltete Hardware nutzte.

Danach passierte außer einer Speicher-Verdopplung im Jahr 2017 nichts mehr. Vier lange Jahre konnte man meinen, die große Firma aus Cupertino hätte uns Anhänger handlicher leistungsfähiger Smartphones abgeschrieben und vergessen, genau wie ungefähr alle ihrer Konkurrenten das getan haben. Die alljährlich vorgestellten Geräte wurden größer und größer und schwerer und schwerer; die kleinsten Geräte der Jahre 2018 und 2019 mit mittlerweile 5,8 Zoll Bildschirmdiagonale wurden von der Fachpresse als „immer noch sehr handlich“ betitelt, was im direkten Vergleich zu den verfügbaren Alternativen wohl auch stimmen mochte. Aber den iPhone-SE-Kundinnen als Nachfolger für ihr Gerät ein um 1,2 Zentimeter breiteres und 2 Zentimeter längeres Smartphone (das entspricht fast der anderthalbfachen Oberfläche) anzupreisen, erschien vielen als blanker Hohn.

Also blieben wir beim iPhone SE aus 2016 und begannen allmählich, die verbleibenden Jahre der Software-Unterstützung und der Nutzbarkeit des Gerätes herunterzuzählen. Das Ende schien schon nahe, als Anfang 2020 das iPhone SE der zweiten Generation vorgestellt wurde: Ein Abklatsch des iPhone 8 und damit sogar noch etwas größer und schwerer als die Smartphones, vor deren Besitz uns das SE der ersten Generation bei seinem Erscheinen bewahrt hatte. Die Enttäuschung war groß.

Und dann kam im Herbst 2020 nach fast fünf Jahren die große Erleichterung, und das gleich in doppelter Hinsicht: Einerseits gewährte Apple dem iPhone SE der ersten Generation unerwartet ein weiteres Jahr Software-Updates, sodass das Gerät noch bis mindestens Herbst 2021 voll nutzbar bleiben wird. Andererseits wurde das iPhone 12 mini vorgestellt, dieses wirklich kleine iPhone mit wirklich aktueller Hardware, auf das alle gewartet zu haben schienen. Und trotzdem habe ich es nicht gekauft. Was sind die Gründe?

Zum einen ist das iPhone SE noch gut. So blöd es klingt, Apple selbst hat, indem sie das iPhone SE nicht im Herbst 2020 in die geplante Obsoleszenz geschickt sondern ein weiteres Jahr Updates versprochen haben, einen wichtigen Grund, ein neues Gerät zu kaufen, vorerst aus der Welt geschafft. Das ist super nachhaltig und ich liebe Apple dafür, aber leider kann sich Apple davon jetzt erst mal ein Jahr lang nichts kaufen. Das iPhone SE rennt auch in 2021 noch mit dem neusten iOS 14 völlig flüssig und ist einwandfrei bedienbar. Natürlich ist es kein Vergleich zu einem aktuellen Gerät, aber es ist eben alles noch bequem und ohne Einschränkungen zu benutzen und bietet mir so keinen Anlass, es überstürzt auszutauschen.
Zu dem guten Nutzungserlebnis trägt auch bei, dass man das iPhone SE mit seinem Restwert von kaum noch 100 Euro vollkommen unbesorgt verwenden kann. Den einen oder anderen Kratzer hat es ohnehin schon, da braucht man es mit keiner dicken Hülle mehr zu schützen und nicht mehr wie ein rohes Ei zu behandeln.

Zum anderen ist das iPhone 12 mini eben doch nicht so leicht und klein wie das SE der ersten Generation es ist: Das 12 mini liegt mit seinen Abmessungen näher beim iPhone 8 als beim SE 1, ist schwerer als das iPhone 6 und wie bei mittlerweile fast allen Apple-Geräten steht die Kamera deutlich aus dem Gehäuse hervor.
Ende 2018 hatte ich mir in einem Akt der Verzweiflung ein iPhone 8 gekauft, das ich nach wenigen Monaten wieder gegen ein SE der ersten Generation eingetauscht habe: Das iPhone 8 war mir wie zuvor befürchtet einfach zu groß und zu schwer. Erste Tests, die ich mit dem 12 mini machen konnte, lassen aber hoffen: Ich konnte das Gerät über längere Zeit mit einer Hand bedienen, ohne mich an die Nachteile des iPhone 8 zurück erinnert zu fühlen. Vielleicht hat das 12 mini ja tatsächlich die perfekte Größe?
Ich würde es mir wünschen. Denn die Vorteile des Gerätes, die ich in meiner Zeit mit dem iPhone 8 teilweise schon erahnen konnte, sprechen eindeutig für einen Wechsel: Ein fünf Jahre weiterentwickeltes Kamerasystem. Ein Display, das dem Stand der Technik entspricht. Eine haptisches Feedback, das die Bedienung zum Vergnügen werden lässt. Endlich kein lästiger mechanischer Home-Button mehr. Und natürlich: Ein Akku, der mich sicher durch den Tag bringt. Man liest zwar viel Negatives über den Akku, gerade im Vergleich mit den größeren iPhone-12-Modellen, aber so viel ist sicher: Verglichen mit einem abgenutzten iPhone-SE-Akku wird die Laufzeit des 12 mini überragend sein.

Sprechen wir über den Preis: Die 800 Euro, die Apple verlangt, entsprechen dem, was ich auch zu zahlen bereit wäre. Aber dafür möchte ich die 256-GB-Version haben und nicht eine Einsteiger-Variante mit 64 GB, die man eigentlich niemandem guten Gewissens empfehlen kann. In den Monaten seit der Vorstellung sind die Preise schon etwas gefallen, aber der große Preisverfall wird wohl erst noch kommen, spätestens mit der Vorstellung der nächsten Gerätegeneration.

Apropos nächste Generation: Im Herbst 2021 soll es wohl wieder ein neues Mini-iPhone geben, mit noch unbekannten Neuerungen. Es sieht so aus, als wolle Apple uns diesmal nicht wieder fünf Jahre lang warten lassen sondern das iPhone mini als neue Kategorie zumindest vorerst fortführen. Wer bis zum Herbst warten kann, wird dann die Wahl haben: Zwischen einem im Preis deutlich gesunkenen 12 mini und einem Nachfolger mit besserer Ausstattung.

Und dann ist da auch noch Corona: Ein weiterer Grund, vorerst beim iPhone SE und seinem TouchID-Sensor zu bleiben. Denn die Gesichtserkennung der neuen iPhones funktioniert nicht, wenn der Benutzer eine Maske trägt.

Grund zur Hektik besteht jedenfalls nicht: Wenn es sein muss, läuft das iPhone SE von 2016 auch noch deutlich länger als bis zum Herbst 2021. Keiner weiß, ob Apple uns vielleicht sogar nochmal mit einer neuen iOS-Version beglückt. Und selbst wenn nicht, wird das Gerät noch jahrelang sicher bleiben: So bekam das iPhone 5s, mit dem im Jahr 2013 die Ära der 64-bit-Geräte begann und das seit inzwischen zwei Jahren keine neuen iOS-Versionen mehr erhält, erst vor wenigen Wochen im Frühjahr 2021 noch einmal ein Sicherheitsupdate. Nach siebeneinhalb Jahren. Also alles ganz entspannt.

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