iPhone 13 gegen Nokia 808
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24.12.22 15:53
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Das Mini aber ist das größte unter ihnen.
Die Apple PureView-Kamera
Nun müsste hier eigentlich der Vergleich zwischen dem Nokia 808 und dem iPhone 14 Pro stehen. Denn nach ziemlich genau 10 Jahren ist es Apple endlich gelungen, Nokias PureView-Kamera eins zu eins nachzubauen: Ein großer, sehr hochauflösender Sensor, der standardmäßig für Oversampling verwendet wird. Es werden also mittels Pixel-Binning mehrere Bildpunkte zu einem verrechnet, sodass ein rauschärmeres Bild entstehen soll. Alternativ bietet Apple (wie Nokia im Jahr 2012) es auch an, nur den mittleren Ausschnitt des Sensors zu verwenden und so einen quasi verlustfreien Zoom zu ermöglichen. Und letztlich ist es bei beiden Kamera-Handys auch möglich, auf Wunsch Bilder mit der vollen Sensorauflösung abzuspeichern, was dann entsprechend sehr große Bilddateien erzeugt. Es gäbe bei den beiden Geräten also durchaus sehr vieles auszuprobieren und zu vergleichen; nur sind mir das 14 Pro und sein Preis leider ein bisschen sehr fett.
Also nehmen wir es eine Nummer kleiner: Das iPhone 13 mini hat immerhin die Kamera des 12 Pro – und wenn man Testberichten Glauben schenkt, hat sich mit dem 13 Pro und selbst mit dem 14 Pro und seinem großen Sensor gar nicht besonders viel an der Bildqualität getan.
Endlich erwachsen
Aber nicht nur ist es gerade 10 Jahre her, dass das Nokia 808 die Handy-Fotografie auf dem Kopf gestellt hat, sondern auch das Nokia 6600 feiert ein Jubiläum: 2004 war dieses Handy für mich der Einstieg in die mobile Fotografie. Nicht exakt die Geburtsstunde der Fotohandys, aber nach 18 Jahren darf man schon mal die Frage stellen: Ist die Handy-Fotografie inzwischen erwachsen geworden?
Ja, sie ist es. Und das liegt gar nicht unbedingt an den Kameras selbst, die nun irgendwelche Systemkameras überflüssig machen würden (das tun sie nicht), sondern daran, dass aus der Handy-Fotografie inzwischen etwas völlig Eigenständiges erwachsen ist.
Als Anfang der Nullerjahre alles begann, waren die Handy-Bilder so schlecht, dass es sich kaum lohnte, diese auf ein anderes Medium zu übertragen. Zumal auch noch technische Hürden dazu kamen – die Geräte hatten kein USB, kein WLAN; die PCs dieser Zeit dagegen oftmals keine Bluetooth-Funktion. Schnell wurde die Qualität der Bilder viel besser, ab etwa 2007 sollte man damit seine Digitalkamera ersetzen können und das bedeutete damals, die Bilder am Computerbildschirm zu betrachten oder auf Papier zu bringen.
Schon seit Jahren geht der Trend aber wieder zurück: Die allermeisten Handy-Fotos werden nur noch auf Handy-Bildschirmen angesehen und verlassen diese Gerätespezies niemals. Viele Menschen besitzen inzwischen gar keine Computer und Drucker mehr; selbst die Großeltern verwenden inzwischen den sicheren Signal-Messenger und müssen nicht mehr mit Bildern vom cewe-Fotoservice versorgt werden. Entsprechend ist es konsequent, dass die Hersteller das Gesamtsystem Smartphone-Foto von der Aufnahme bis zur Anzeige auf demselben Gerät immer weiter optimiert haben.
Und mittlerweile ist der iPhone-Bildschirm tatsächlich das beste Medium, um Fotos zu betrachten. Nicht nur aufgrund der immer höheren Auflösung und immer größeren Dimensionen – sondern wegen HDR. Das Bild ist schärfer als gedruckt, es ist auf einem über 6 Zoll iPhone fast so groß wie ein klassischer Abzug im Format 9 mal 13. Und es ist viel heller und kontrastreicher.
Bis zum iPhone 12 konnte man HDR bei der Aufnahme noch abschalten. Beim iPhone 13 geht das nun nicht mehr.
Von meinem iPhone SE (2016) war ich gewohnt, dass die HDR-Funktion drei unterschiedlich belichtete Bilder erstellt, zusammenfügt und diese als SDR-Bild auf dem SDR-Bildschirm ausgegeben werden, also ohne den erweiterten Dynamik-Umfang. Mit allen Nachteilen, die das mit sich bringt: Bei bewegten Objekten passten die drei Aufnahmen nicht richtig zusammen, und durch das Abspeichern und Ausgeben des HDR-Bildes als SDR-Bild wirkten die Farben gelegentlich blass, ausgewaschen und unrealistisch. Letztlich wurde der erweiterte Dynamikbereich auf einen kleineren zusammengestaucht und das Bild zeigte weniger Helligkeitsunterschiede anstatt mehr. In der Praxis waren mir überstrahlte weiße oder unterbelichtete schwarze Bildbereiche oft lieber, ich habe sie teilweise sogar als gestalterische Elemente verwendet. Glücklicherweise konnte man neben dem zusammengesetzten Bild auch das normal belichtete speichern und später auswählen.
Nicht nur diese Option ist weggefallen, nun kann ich HDR nicht einmal mehr abschalten, es ist einfach immer aktiv. Zuerst wusste ich nicht, ob das für mich akzeptabel ist; aber wie ich festgestellt habe, funktioniert HDR auf dem iPhone inzwischen anders. Wie genau es technisch umgesetzt wurde, weiß ich nicht. Es werden keine mehreren Bilder nacheinander mehr gemacht, alles geschieht instantan. Entsprechend muss man nicht mehr warten und auch bewegte Objekte sind kein Problem mehr. Und die Fotos werden nun nicht mehr zu SDR-Aufnahmen zusammengematscht, sondern behalten den hohen Dynamikumfang bei und werden auch entsprechend angezeigt – so lange man sie auf einem HDR-Bildschirm anschaut. Aber ein solcher ist für die allermeisten eben nur am iPhone verfügbar. Die wenigsten besitzen ein fast 1500 Euro teures iPad Pro, ein über 2000 Euro teures MacBook Pro der neusten Generation oder ein Pro Display XDR für mehr als 5000 Euro, um ihre Fotos hier in bester Qualität ansehen zu können. Und so bleibt der superrealistische Eindruck strahlender Lichter den Betrachtenden am iPhone vorbehalten – auf allen anderen Geräten und Medien ist er schlicht nicht darstellbar.
Dabei ist die HDR-Darstellung bei entsprechenden Motiven wahrlich beeindruckend: Ausgehen von Weiß sind nun nicht länger nur dunklere Farben möglich, sondern auch hellere Bildbereiche. Den Aufnahmen wird regelrecht eine weitere Dimension hinzugefügt, vergleichbar mit einem 3D-Effekt. Das funktioniert selbst bei voller Display-Helligkeit, denn HDR-Inhalte kann der iPhone-Bildschirm 50% Heller darstellen als SDR-Inhalte.
Ein Versuch, den HDR-Effekt im Bild festzuhalten: Die Benutzeroberfläche ist weiß, der Himmel im Foto aber noch viel heller. Erstellt man einen Screenshot der Anzeige, ist der Effekt verschwunden und beides gleich hell.
Duell zur goldenen Stunde
Nun aber zum heutigen Kamera-Vergleich zwischen dem iPhone 13 mini und dem Nokia 808 PureView. Die Bilder wurden in der Stunde um den Sonnenuntergang angefertigt, um besonders die Fähigkeiten der Kameras bei schwachem Licht auszutesten.
Nachdem die Karlsruher U-Bahn endlich fertig ist, gibt es noch genug weitere Baustellen in der Stadt, um als Foto-Modell herzuhalten. Hier zu sehen das im Abriss befindliche P&C-Gebäude, einer der schöneren Nachkriegsbauten der Innenstadt.
Schon das erste Bild zeigt, wie viel besser das iPhone (oben) mit der hohen Bilddynamik klarkommt. Das gesamte Bild wirkt viel heller, trotzdem werden im hellen Himmel viel mehr Details und auch schönere Farben wiedergegeben. Auf dem iPhone-Bildschirm kommt der HDR-Effekt hinzu: Himmel und Leuchtreklame strahlen die Betrachtenden an und erzeugen einen gewissen Tiefeneffekt. Das Nokia-Bild (unten) wirkt dagegen flach, trist und regelrecht unattraktiv.
In der Ausschnitts-Vergrößerung dagegen zeigt sich, dass die Abbildungsleistung des Nokia 808 (unten) durch den großen Sensor mit den großen Pixeln inklusive Oversampling das iPhone immer noch übertrumpft: Die Flächen sind viel glatter, die Kanten viel sauberer abgebildet, das gesamte Bild viel weniger digital nachgeschärft. Leider nützt all das wenig, wenn der Gesamteindruck des Bildes nicht überzeugen kann.
Schönes Bokeh bei beiden Smartphones
In diesem zweiten Beispielbild wurde manuell auf den Schloss-Turm im Hintergrund fokussiert. Beim Nokia (unten) ist dieser interessanterweise trotzdem überbelichtet. Auch diesmal bildet das iPhone (oben) den Himmel per HDR hell leuchtend ab – hier im Webbrowser kann dieser Effekt leider nicht dargestellt werden.
Uns interessiert bei dieser Aufnahme aber ein anderer Bildbereich: die unscharfe Baustellenleuchte im Vordergrund. Und hier fällt auf: Durch die größere Blendenöffnung von f/1.6 beim iPhone (oben) gegenüber f/2.4 beim Nokia (unten) produziert auch das Apple-Handy trotz des kleineren Bild-Sensors mittlerweile eine ganz ansehnliche Tiefen-Unschärfe – im Fachjargon Bokeh genannt – ganz ohne die Verwendung einer künstlichen Unschärfe im Portrait-Modus. Beim Nokia 808 ist die Unschärfe noch etwas stärker ausgeprägt und etwas weicher gezeichnet, alles in allem kann das iPhone aber auch hier überzeugen.
Auf dem offenen Schlossplatz ist weniger Dynamik-Umfang gefragt, als in den Häuserschluchten der Stadtstraßen: Hier liefern iPhone 13 mini und Nokia 808 PureView (im Bild) sehr ähnliche Aufnahmen.
Auch in der Ausschnitts-Vergrößerung sind diesmal weniger Unterschiede erkennbar. Das iPhone (oben) schlägt sich hier ganz ordentlich und das Bild wirkt nur ein wenig überschärft.
Erst wenn man das Bild noch weiter vergrößert, erkennt man, dass beispielsweise der Zaun vor dem Schloss beim Nokia (unten) mit deutlich höherer Auflösung abgebildet wird. Ist das ein Unterschied, der in der Praxis relevant ist? Das muss wohl jeder selbst entscheiden.
Noch ein Bild, beim dem das Apple-Handy (oben) seine HDR-Fähigkeiten voll ausspielen kann: Die Globen leuchten auf dem iPhone-Display, dass es eine wahre Freude ist. Trotzdem behalten sie ihre bunten Farben bei. Das Nokia-Foto (unten) wirkt dagegen grau und trostlos; die weiß überstrahlten Globen geben keinen Effekt ab.
Nach Sonnenuntergang
Wenn es noch dunkler wird, aktiviert das iPhone 13 mini (oben) seinen Nachtmodus. Dadurch wird das Bild des ebenfalls im Abriss befindlichen Landratsamts deutlich aufgehellt, teilweise unnatürlich hell, sodass man wieder manuell gegensteuern muss. Schade, dass man den Informationen zum fertigen Bild später anscheinend nicht mehr ansehen kann, ob der Nachtmodus während der Aufnahme aktiviert war.
Der Nachtmodus simuliert eine Langzeitbelichtung, indem mehrere Aufnahmen nacheinander angefertigt und anschließend mit Hilfe künstlicher Intelligenz kombiniert werden. Man muss das Handy einigermaßen stillhalten, aber man benötigt im Gegensatz zu einer echten Langzeitbelichtung kein Stativ um ansehnliche Ergebnisse zu erzielen.
Durch den Nachtmodus ist das iPhone 13 dem Nokia 808 bei Dunkelheit klar überlegen. Das iPhone (oben) simuliert eine Belichtungszeit von einer Zehntelsekunde, während das Nokia (unten) mit etwa einer Achtelsekunde sogar etwas länger belichtet. Beide Geräte verwenden eine Lichtempfindlichkeit von ISO 800, das Nokia hat aber wie bereits erwähnt das lichtschwächere Objektiv zu bieten. Das Apple-Bild ist dadurch deutlich heller, während man in der Nokia-Aufnahme kaum etwas erkennen kann.
In der Detail-Vergrößerung wird ersichtlich, dass das iPhone (oben) das Bild auch nicht nur künstlich aufhellt, sondern tatsächlich viel mehr Informationen aufnimmt: Schrauben an den Metallträgern, Struktur im Beton, Blechwinkel an den Anschlüssen, all das geht beim Nokia (unten) komplett im Rauschen unter.
Bei etwas helleren Nacht-Szenen wie dieser Ansicht des Staatstheaters, das gerade umgebaut wird, wird der Nacht-Modus des iPhones (im Bild) gar nicht aktiviert, sondern der große Sensor und die lichtstarke Optik übernehmen die Arbeit allein.
Das iPhone (oben) belichtet hier nur eine Dreißigstelsekunde gegenüber einer Achtelsekunde beim Nokia (unten). Somit bleiben Verwacklungen aus, es entsteht ein scharfes und detailreiches Bild.
Zehn Jahre nach Erscheinen des Nokia 808 PureView kommen wir nun langsam an einen Punkt, an dem verbreitete Smartphone-Kameras ähnlich gute Fotos machen. Bis Sonnenuntergang ist die Abbildungsleistung des altehrwürdigen Nokia noch überlegen, auch wenn Dynamikumfang und Farbwiedergabe gelegentlich zu wünschen übriglassen. Wird es noch dunkler, hat das Nokia mit seiner in die Jahre gekommenen, recht lichtschwachen Optik keine Chance mehr, mit der Bildqualität moderner Kamerasysteme mitzuhalten.
Die Kamera des iPhone 13 mini ist mittlerweile auch schon wieder zwei Jahre alt. Auch wenn sich, wie eingangs erwähnt, die Bildqualität seitdem offenbar wenig entwickelt hat, wird der Vergleich mit dem aktuellen iPhone 14 Pro spannend. Er wird folgen.
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